Periodischer Beitrag
des Landesbereichs V
in der Europäischen Sicherheit Nr. 04/2011
Für den Landesbereich Baden-Württemberg berichten in dieser Ausgabe die Sektionen Karlsruhe-Ortenau und Freiburg.
Zusätzlich gibt es einen kurzen Bericht über das durchgeführte Seminar im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vom 06. – 10. Dezember 2010 am Zentrum Innere Führung, Koblenz.
Sektion Karlsruhe-Ortenau
GfW mit Europäischer Dimension
10. Europäisches Kolloquium in Klingenthal zur Förderung eines gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungsbewußtseins
Die im Jahr 2004 mit der französischen Organisation CiDAN aufgenommene Verbindung tritt aus ihrem konzeptionellen Stadium heraus und mündet in eine praktische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene.
Bekanntlich haben die Präsidenten von GfW und Cidan am 9.Oktober 2007 die so genannte „Klingenthaler Übereinkunft“ unterzeichnet und sich darin verpflichtet, die Notwendigkeit einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in das Bewusstsein der Bürger zu rücken.
Die Abkürzung CiDAN steht für Civisme, Defense, Armee, Nation und beschreibt das Handlungsspektrum der vor mehr als 30 Jahren gegründeten französischen Partnerorganisation: Bürgersinn, Verteidigungsbewusstsein, Armee und Nation.
Vor diesem Hintergrund fand vom 21.-23.November 2010 im elsäßischen Klingenthal , südlich Straßburg, am Fuße der Vogesen gelegen, das 10. Europäische Kolloquium unter dem Motto „Von der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu einer Europäischen Verteidigung“ statt.
In Anwesenheit S.E. des Botschafters der Bundesrepublik Dr. Hans Dieter Heumann diskutierten die Partner von CiDAN und GfW Fragen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Im Mittelpunkt des Kolloquiums stand die Rede S.E. des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland beim Europarat Dr. Hans Dieter Heumann zum Thema „Die Dimensionen Europas in Bezug auf Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“.
In weiteren Beiträgen beleuchteten der Direktor der Forschungsgruppe „Sicherheit und Verteidigung“ der Universität Complutense Madrid, Professor Jesús Ignacio Martinez-Paricio, Frau Dr. Délphine Deschaux Beaume von der Ecole de la Paix an der Universität Grenoble, Andrzej Lisiecki-Zurowski, Mitglied des Club von Weimar und Präsident der Absolventen des Europäischen Collegs in Polen, Frau Margarete Couto von der Organisation DECIDE aus Portugal sowie Oberst Manfred Rosenberger von der Charles Léopold Mayer-Stiftung (FPH) und Brigadegeneral Patrice Mompessin (CiDAN) das gemeinsame Anliegen aus unterschiedlichen Perspektiven.
Höhepunkt dieser Veranstaltung war die feierliche Unterzeichnung der Urkunde zum Beitritt der „Charta zur Förderung eines gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsbewußtseins“.
Unabhängig von dieser Überzeugung besteht unter den Partnern Einigkeit, dass sowohl die transatlantischen Beziehungen als auch die Vereinten Nationen unverzichtbare Elemente der Europäischen Sicherheit darstellen.
Im Auftrag der verhinderten Präsidentin Frau Ulrike Merten unterzeichnet der Sektionsleiter der GfW Karlsruhe und Ortenau, OTL d. Res. Rudolf Horsch die Charta. V.l.n.r.: Präsident Jacques Sonnet, CiDAN, Sektionsleiter Rudolf Horsch, Brigadegeneral a.D. Patrice Mompeyssin, CiDAN
Neben der GfW und CiDAN traten 5 Organisationen aus Portugal, Spanien, Polen und Frankreich bei. Es sind dies:
Der Club von Weimar (Polen), die Vereinigung Junger Portugiesen “DECIDE“ (Jovens Auditores Para a Defesa Segurança e Cidadania), die Forschungsgruppe „Sicherheit und Verteidigung“ der Universität Complutense Madrid (Spanien), die Forschungsgruppe für erweiterte soziale Studien der Universität König Juan Carlos, Madrid (Spanien) und schließlich die Stiftung Deutsch-Französische Verständigung, Straßburg.
Es bleibt das erklärte Ziel der Partner, mit weitere Vereinigungen und Organisationen gleicher Zielsetzung zu kooperieren und sie für die Idee der Europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit zu gewinnen.
Eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit erfolgte bereits am 23.Oktober 2010 in Straßburg beim 2. gemeinsamen Sicherheitspolitischen Seminar von GfW und CiDAN am Sitz des Eurokorps im Quartier Aubert de Vincelles in Straßburg.
Rudolf Horsch, OTL d. Res.
Sektikonsleiter GfW Karlsruhe und Ortenau
Sektion Freiburg
Die deutsch-französischen Beziehungen aus sicherheits- und verteidigungspolitischer Sicht:
Herausforderungen und Aussichten
Die Deutsch-Französische Brigade aus Müllheim startete zusammen mit dem Arbeitskreis Sicherheitspolitik an der Universität Freiburg e.V. und der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik die diesjährige Wintervortragsreihe 2010/2011 am 03.11.2010 mit einem altbekannten und hochgeschätzten Referenten. Général de Division (Generalmajor) Bruno Pinget, heutiger Militärattaché an der französischen Botschaft in Berlin, führte zwischen 2005 und 2007 die Deutsch-Französische Brigade und kam daher sehr gerne wieder zurück nach Müllheim. Vor einem mittlerweile etablierten trinationalem Auditorium aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz erläuterte GenMaj Pinget anhand seiner eigenen Erfahrungen als Attaché die deutsch-französischen Beziehungen aus sicherheits- und verteidigungspolitischer Sicht. Welche Rahmenbedingungen liegen vor, welche Herausforderungen (Problematiken) sind zu bewältigen und welche Aussichten und Chancen resultieren daraus? Mit diesen ausführlich hinterleuchteten und anhand zahlreicher Beispiele verdeutlichten Fragestellungen, bot Pinget die Möglichkeit, dies in einer offenen Diskussionsrunde weiter zu vertiefen, was rege von den Zuhörern angenommen wurde.
Die deutsch-französische Beziehung, so Pinget, ist untrennbar voneinander und mittlerweile unverzichtbar und bestimmend für die europäische Entwicklung. Dieser bilaterale Dialog ist, obwohl der Inhalt immer komplexer und daher auch mühsamer bezüglich eines gemeinsamen Konsens wird, hierbei stets aktuell, wobei er jedoch nie neutral ist. So haben zum Beispiel der Umgang mit den Roma (Frankreich) und die Äußerungen Thilo Sarrazins, die fast zeitgleich in Erscheinung traten, aufgrund der unterschiedlichen Ausgangspolitik und Ansichten unterschiedliche Diskussionen um das Thema Integration ausgelöst. Aber auch das Engagement in Afghanistan ist hierbei nicht zu vergessen. Beide Länder stehen unter demselben Mandat und setzen sich für eine Übertragung der Verantwortung an die Afghanen ein. Die deutlich unterschiedliche Geografie in der die Kräfte jedoch eingesetzt sind, führt zu einem nicht vergleichbaren Beitrag und somit auch zu unterschiedlichen Bewertungen und Ansichten. Aber auch Bereiche, die früher für einen gemeinsamen Dialog unvorstellbar waren (z.B. Finanz- oder Steuerpolitik), sind heute aufgrund der aktuellen Ereignisse Thema der Beziehung.
Ein großes Problem der deutsch-französischen Zusammenarbeit ist allerdings der Umgang mit anderen bilateralen Beziehungen. So wurden die Gespräche und Annäherungen zwischen Deutschland und Russland bzw. Frankreich und Großbritannien (Gipfel am 2.11.2010) sehr kritisch im anderen Land beobachtet. Weiterhin sind einige Themen und Szenarien vernachlässigt bzw. noch kein gemeinsamer Konsens gefunden worden. Hier sind klar und deutlich die nationalen Sicherheitsstrategien zu nennen. Inwieweit ist eine Vernetzung möglich bzw. wo liegen die Interessen in einer selbstständigen nationalen Strategie in der eine Unabhängigkeit erhalten bleiben soll? Genau in dieser Abhängigkeits-/Unabhängigkeits-Frage gehen die Interessen weit auseinander und es stellt sich die Frage, ob hier eine Annäherung notwendig ist und wenn ja, wie ist ein gemeinsamer Konsens zu erreichen.
GenMaj Pinget konnte durch einen sehr breit gefächerten und mit vielen Beispielen belegten Vortrag die sehr komplexe bilaterale Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland beleuchten. Durch seine sehr charmante und sympathische Art und Weise konnte der Eindruck vermittelt werden, dass die deutsch-französische Beziehung nicht nur politisch, sondern auch freundschaftlich wohl einzigartig und aus dem heutigen Europa nicht mehr wegzudenken ist.
Meik Wissert