Vortragsveranstaltung
zum Thema
Die Bundeswehr im Einsatz -
weltweite sicherheitspolitische und führungsrelevante Herausforderung für heute und morgen
Referent:
Brigadegeneral Johann Berger
Stellv. Befehlshaber im Wehrbereich IV
am Montag, 28. März 2011
im Reinhardt-Saal der Reinhardt-Kaserne
73479 Ellwangen
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Pressebericht
vom 29.03.2011
Weltweit nehmen die Krisengebiete zu
Militär kann nur im Verbund mit Polizei, Hilfsorganisationen, Diplomatie und Wirtschaftshilfe erfolgreich sein
von Gerhard Königer
Der stellvertretende Befehlshaber des Wehrbereichskommando IV - Süddeutschland, Brigadegeneral Johann Berger, sprach im Rahmen der Wintervortragsreihe in der Reinhardt-Kaserne über „Die Bundeswehr im Einsatz - weltweite sicherheitspolitische und führungsrelevante Herausforderung für heute und morgen“.
Brigadegeneral Johann Berger sprach im
Reinhardt-Saal über Sicherheitspolitik
(Foto: Königer)
Ellwangen. Nicht in der Ausgehuniform, sondern im
Kampfanzug sprach Brigadegeneral Johann Berger im voll besetzten
Reinhardtsaal über die Bundeswehr als ein Instrument der deutschen
Sicherheitspolitik. Und seinen spannenden und kurzweiligen Vortrag
begann er mit einer Aneinanderreihung der im Auslandseinsatz in
Afghanistan gefallenen Bundeswehrsoldaten.
Damit verdeutlichte der General, wie sehr sich die
sicherheitspolitische Situation in den letzten 25 Jahren verändert
hat: Von der Bipolarität der zwei großen Machtblöcke, die am
eisernen Vorhang mit gewaltigen atomaren Bedrohungsarsenalen
aufeinander trafen über die kurzzeitige Unipolarität nach dem Ende
der Sowjetunion bis zur Multipolarität nach den Terroranschlägen vom
11. September 2001.
Heute seien es eine ganze Reihe von Risikofaktoren, die den Frieden
und Wohlstand in Deutschland und auch weltweit bedrohen. Potentielle
Krisenfelder seien der global steigende Energiebedarf bei
rückläufigen Ressourcen, die Not an Nahrungsmitteln, Trinkwasser
aber auch die Gefährdung von Handelslinien, Drogenhandel,
Freiheitsbewegungen und die Verteilung von knapper werdenden
Rohstoffen. „Alles wirkt auf uns und zwar ohne Zeit- und
Raumgrenzen“, sagte Berger. Moderne Medien verteilten Information
ohne Zeitverzug via Twitter, Youtube und andere Plattformen.
Dass am Hindukusch nicht nur die Sicherheit Deutschlands, sondern
auch wirtschaftliche Interessen verteidigt werden, hält Berger für
einen legitimen Grund, der explizit im Weißbuch 2006 aufgeführt sei.
„Und das wurde sogar unter einer rotgrünen Bundesregierung
aufgelegt“.
Neue Bedrohung durch Warlords, Piraten, Terroristen
Neue Bedrohungsformen sieht
der General in Terroristen, Warlords und Kindersoldaten. Die
Bundeswehrsoldaten ständen nicht mehr staatlichen Kämpfern
gegenüber, sondern Feinden, die Zivilkleidung tragen, sich hinter
Zivilisten verbergen und mit Sprengfallen und aus dem Hinterhalt
angreifen.
Dies verdeutlichte Berger mit dem Kurzfilm „Snipers Alley“, den
Rudolf Schweiger in Hammelburg mit Unterstützung der Bundeswehr
drehte.
Diese Gegner hielten sich an keine Genfer Konvention. In Afghanistan
hätte sich herausgestellt, dass Sanitäter bevorzugte Angriffsziele
sind, weshalb die Bundeswehr mittlerweile die Kennzeichnung von
Sanitätspersonal und -fahrzeugen vermeidet.
Das Militär könne dieser vernetzten Bedrohung allein nicht begegnen.
Vielmehr bedürfe es einer vernetzten Sicherheitskonzeption, in die
Polizei, Aufbauhilfe, Wirtschaftsorganisationen und anderes
einzubinden seien.
Immer höhere Anforderungen an die Soldaten
An die Soldaten würden immer
höhere Anforderungen bezüglich sozialer und intellektueller
Fähigkeiten sowie Entscheidungskompetenz gestellt. Dagegen stünden
immer weniger Jugendliche, die diese Voraussetzungen mitbringen. Und
diese würden nicht nur von der Bundeswehr, sondern auch von Polizei,
Behörden und Wirtschaft umworben.
Der Umbau der Bundeswehr sei ein ausgesprochen sensibles Thema. Man
dürfe nicht meinen, dass mit dem Austausch dieses oder jenes Moduls
die Funktionsfähigkeit wiederherzustellen sei. „Die Bundeswehr ist
ein Organismus, der eine Seele hat. Und ohne die ist kein Organismus
lebensfähig.“
In der anschließenden Fragerunde wollte ein Zuhörer wissen, was der
General von der Enthaltung der Bundesregierung beim Libyeneinsatz
halte.
„Es wäre schwer zu vermitteln, dass deutsche Soldaten wieder bei
Tobruk kämpfen sollen“, spielte Berger auf den Saharafeldzug der
Wehrmacht an. Es gebe gute Gründe für und gegen diesen Einsatz.
Andererseits laufe ein Bündnismitglied, das im Ernstfall die
Gefolgschaft verweigert, Gefahr, sich selbst ins Abseits zu stellen.
Oberstleutnant Andreas Schliebs dankte in Vertretung des
Standortältesten dem Redner für seinen Vortrag. Ebenso der
Vorsitzende der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW),
Sektion Ostwürttemberg, Gerhard Ziegelbauer, als Veranstalter.