Nachschau - Veranstaltung am 15.11.2011

 

Vortragsabend

zum Thema

Piraterie heute -
 
Die Piraterie und deren Bekämpfung

Referent:

Professor Dr. - Ing. Elmar Wilczek

Duale Hochschule Baden-Württemberg, Campus Friedrichshafen

am Dienstag, 15. November 2011, 19.30 Uhr
im Offizierheim
Graf Stauffenbergkaserne Sigmaringen

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Sektionseigener Bericht

Moderne Piraterie

Sigmaringen- Bald werden sie wieder die Sigmaringer Straßen unsicher machen. Mit schwarzem Kopftuch, Augenklappe, Stoppelbart, Zahnlücke und in der einen Hand eine Radschlosspistole und in der anderen die schwarze Flagge mit Totenkopf  und gekreuzten Gebeinen gehören sie seit Jahren zum Bild der Straßenfastnacht. Über Piraten hat auch die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik Sigmaringen Mitglieder und Gäste informiert. 

Dabei ging es der Gesellschaft nicht um ein neues Aufgabenfeld zum fastnachtlichen Brauchtum, was nach der geplanten Kasernenschließung zukünftig aufgegriffen werden soll, sondern es ging um das Problem der zunehmenden weltweiten Piraterie, die zu einer ernsten Bedrohung der Schifffahrtswege und damit auch zu einer Bedrohung der Weltwirtschaft geworden ist. 

Professor Dr. Elmar Wilczek, lange Jahre als Programmleiter für Seeflugwesen bei der Firma Dornier im Entwicklungsbereich tätig und heute namhafter Experte mit Lehraufträgen an mehreren Hochschulen, zeigte mit nackten Zahlen den rasanten Anstieg seeräuberischer Aktionen insbesondere im Bereich von Knotenpunkten weltweiter Schifffahrtsrouten der vergangenen zwanzig Jahre auf.

Schäden organisierter Piraterie

So ist die Zahl von Piraterie und bewaffnetem Raub auf hoher See im vergangenen Jahr auf 445 Fälle weltweit gestiegen, 10 % mehr als im Vorjahr und damit im vierten Jahr in Folge gewachsen. Noch nie wurden mehr Menschen auf See entführt als 2010. Rund 1200 Seeleute wurden als Geiseln genommen, acht davon wurden getötet. Pro Schiff wurden im Schnitt sechs Millionen Euro Lösegeld erpresst, den gesamtwirtschaftlichen Schaden schätzt man auf über fünfzehn Milliarden Euro. Kein Meer, auch nicht die europäischen Anrainermeere, sind vor solchen Raubzügen sicher. Dennoch zeichnen sich eindeutig Schwerpunkte beiderseits des Äquators ab, wobei der Golf von Aden, die Küste vor Somalia, das südchinesische Meer und die Küsten Südamerikas die meisten Überfälle zu verzeichnen hatten.

Die Gründe für diese epidemische Entwicklung sind vielfältig. Die Präsenz ausländischer Flotten in den Seegebieten, die bis 1990 ein Teil der gegenseitigen Überwachung in den Zeiten des Ost-West-Konflikts war, hat sich wesentlich verringert, die Überfischung von Teilen der Weltmeere hat die bisherigen Lebensgrundlagen entzogen und der Zusammenbruch staatlicher Autorität, wie in Somalia, hat die Prävention und Strafverfolgung verhindert. Entstanden sind vermutlich weltweit operierende, mafiöse Strukturen, die durch Lösegelderpressung und Schiffs- und Ladungsverkauf die finanzielle Basis für die Modernisierung der Kaperschiffe, der Waffen und der Einsatzorganisation ständig erweitern. Ein ausgedehntes Netz von Spionen in den großen Umschlagshäfen lässt frühzeitig lukrative Beuteschiffe identifizieren. Wendige und hochmotorisierte Kaperschiffe und mit Schnellfeuerwaffen und Fliegerfäusten ausgerüstete Besatzungen lassen den mit unzureichenden Eigensicherungen ausgestatteten Tankern und Stückgutschiffen kaum eine Chance. Eigene Versorgungsschiffe erweitern das Einsatzgebiet der Piraten kontinuierlich.

Bisher unzureichende Gegenmaßnahmen

Die Reaktion der Schiffeigner und der internationalen Staatengemeinschaft ist nur zum Teil erfolgreich. Eine Verbesserung der Ausleuchtung der Schiffe, Stacheldraht und Elektrozäune an der Reling sowie der verstärkte Einsatz ziviler bewaffneter Sicherheitsdienste auf den Schiffen hat noch nicht merklich zu einer Verringerung der Piratenüberfälle beigetragen. Die von den Vereinten Nationen sanktionierte und von der Europäischen Union geführte Operation Atalanta vor der Küste von Somalia hat bei der Eskortierung von Schiffen des Welternährungsprogramms Teilerfolge zu verzeichnen, vermag aber wegen fehlender geeigneter Einsatzmittel nicht die dortige Piraterie grundsätzlich zu unterbinden. Lediglich im Golf von Aden am Zugang zum Roten Meer und dem Suezkanal ist es gelungen, im Rahmen der von der NATO geführten Operation zur Terrorismusbekämpfung „Enduring Freedom“ die Anzahl der Übergriffe im vergangenen Jahr um mehr als die Hälfte zu reduzieren. 

So bleibt es weiterhin eine dringliche Aufgabe der Staatengemeinschaft, durch gemeinsame Operationen die Versorgung mit wichtigen Rohstoffen und den Schutz und die Nutzung der Meere durch sichere Seeverbindungen für die Entwicklung der Volkswirtschaften zu gewährleisten. Für Deutschland als eine führende Wirtschafts- und Handelnation ist das Meer ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Bernhard Schleyer

Sektionsleiter

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