Bericht der Schwäbischen Zeitung Sigmaringen
„Totschlagen ist keine Lösung,
gehört aber leider dazu“
Von unserer Redakteurin Jennifer Kuhlmann
„Ich bin wirklich freudig erregt, dass ich hier zu Gast sein darf“, begann Karl-Heinz Lather. Von 1998 bis 2001 hatte er das Kommando über die zehnte Panzerdivision inne. „Es war die schönste Zeit in meiner Karriere, hier Kommandeur gewesen zu sein.“ Auf Einladung von Generalmajor Erhard Bühler und Oberstleutnant d. R. Bernhard Schleyer sprach der General über den Afghanistaneinsatz aus Sicht der Nato.
Dabei erläuterte er zunächst die Aufgaben der Internationalen Sicherheitsunterstützungsgruppe Isaf, die von Drogenbekämpfung und Milizenentwaffnung über eine Justizreform bis zu allgemeiner Sicherung der Regierung und Ausbildung von Polizei und Armee reichen. „Insgesamt sind 42 Nationen und 400 Nichtregierungs-Organisationen beteiligt, den Staat in Strukturen zu bringen.“ Um das Ziel der regionalen Stabilität zu erreichen, gehören laut Nato vor allem drei Bereiche zum strategischen Plan für die Zukunft: Die Sicherheit der Ausbildung von Polizei und Armee, die Entwicklung und die Regierungsführung.
„In der jungen Bevölkerung Afghanistans steckt viel Potential“, so General Lather. Was die Regierung anginge, „wird es mit Glück eine Demokratie mit islamischer Prägung.“ Der Fokus liege nun darauf, immer mehr Verantwortung in afghanische Hände zu legen und mehr unterstützend vorzugehen. „Partnering“ nenne sich dieser neue strategische Schwerpunkt. Das berge aber auch mehr Risiken. „Man weiß nicht, wie berechenbar und sicher die Regierung ist und ob wir das Vertrauen der Bevölkerung eventuell verlieren.“ Unsicher sei auch, ob in kurzer Zeit so viele Polizisten und Soldaten ausgebildet werden könnten.
Korruption ist ein Geschwür
Sicher habe man die Taliban unterschätzt, so der General auf Nachfrage. „Es war eine gigantische Fehleinschätzung unseres großen Bündnispartners, dass man glaubte, innerhalb von zwei Jahren eine Demokratie etablieren zu können.“ Ein eigenes Stabselement sei damit beschäftigt, zu prüfen, welche Talibangruppierungen zu Gesprächen bereit seien. „Totschlagen ist keine Lösung“, betonte Lather hart. „Aber es gehört leider mit dazu.“ Für ihn sei die Korruption, die wie ein Krebsgeschwür in Afghanistan wuchere, das Hauptproblem. Da sich das Land seit Jahrzehnten im Krieg befinde, gäbe es in der Bevölkerung kein Vertrauen in die Regierung. „Man muss die Situation gemeinsam mit den Menschen dort erleben, dass schafft Vertrauen“, so der General abschließend.
(Erschienen: 17.12.2009 17:50)