Nachschau - Veranstaltung am 16.12.2009

 Bericht des Südkuriers Sigmaringen

Sigmaringen

Bundeswehr

Einsatz in Afghanistan aus Nato-Sicht

Er ist kein Unbekannter in Sigmaringen. General Karl-Heinz Lather war hier einmal Chef der 10. Panzerdivision. Jetzt ist er Chef des Stabes im Nato-Hauptquartier Europa. Im Soldatenheim in Sigmaringen sprach er vor rund 300 Zuhörern über den Afghanistaneinsatz. Eingeladen hatte die Sektion Sigmaringen der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V.

Sigmaringen – Draußen brannten romantisch die Fackeln zur Begrüßung der Gäste, drinnen ging es um ein Thema, das nicht nur die Militärs bewegt: der Einsatz am Hindukusch und die Frage, wann er beendet sein wird. Das wiederum hängt von der Entwicklung des Landes ab, das nach 30 Jahren Krieg immer noch nicht zur Ruhe gekommen ist. „Wir sind nicht dazu da, die Sicherheit der Afghanen zu gewährleisten“, macht Lather deutlich. Auf Dauer müssten das die landeseigenen Sicherheitskräfte selbst tun. Und: „Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass es dort jemals eine Demokratie nach europäischem Zuschnitt geben wird.“ Ohne Recht und Ordnung gehe aber auch in Afghanistan nichts – notfalls auch mit der Scharia. Der Aufbau von Kampfzonen sei nicht die Aufgabe der Nato, wohl aber die Schaffung einer Infrastruktur, die für Strom, Wasser und Straßen sorge.

Nach der Einschätzung des Vier-Sterne-Generals klappt in Afghanistan die Zusammenarbeit mit der europäischen Polizei an der Basis. „In Brüssel würde das gar nicht gehen“, ist sich Lather sicher. Damit wird auch deutlich: Die Situation im Land selbst ist oft anders, wie es aus der Ferne aussieht. 43. Nationen seien derzeit in Afghanistan tätig („Und die 44. steht bereits vor der Tür: die Mongolei“). Die ISAF stellt derzeit 85 000 Mann und Lather geht davon aus, „dass die Grenze von 100 000 bald überschritten wird“. Er hat die Hoffnung, dass auch Deutschland zur Aufstockung beitragen wird.

Nach der neuen Nato-Strategie habe man es in Afghanistan mit Aufständischen zu tun. Auch sei das „Partnering“ nun ein Kernpunkt – aber auch ein Sicherheitsrisiko. Gemeinsame Patrouillen, gemeinsame Unterbringung, es gibt wohl viele Möglichkeiten, die noch nicht von allen Nato-Partnern genutzt werden. Wichtig sei die Ausbildung der afghanischen Soldaten und Polizisten. „Die Taliban greifen sich immer das schwächste Glied, weil sie sich gegen die Starken verheben“, hat der General vor Ort erkannt. Jetzt müsse man den Blick auch auf die Parlamentswahlen im kommenden Jahr richten. „Wir hoffen, dass die demokratischer Ablaufen“, sagt Lather mit Hinweis auf die Präsidentenwahlen, die wohl einiges an Kritik auf sich gezogen haben. Der größte Sprengstoff seien aber die Gefallenen, die täglich mehr würden.

In der von General Erhard Bühler geleiteten Diskussionsrunde ging es auch um das Image der deutschen Soldaten in den Medien. „Die Deutschen machen das, was sie auch schon vorher gemacht haben“, ist Lather überzeugt. Aber derzeit bräuchten die Medien keine guten Nachrichten. Das Einbeziehen der Taliban in die Zukunft des Landes sei unumgänglich. Integration und Versöhnung seien da sehr wichtig. Das Problem: „Es gibt Taliban aller möglichen Sorten.“ Das gehe von den Anhängern eines Gottesstaates bis zu den gemäßigten Kräften. Lather: „Wer die Gesetze achtet und die Waffen niederlegt, der muss eine Chance haben.“ Das Totschlagen sei keine Lösung, „aber es gehört leider dazu“.

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